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Vom Sinn des Rüsttags. Von Kai Mester

Immer wieder kommt unter Sabbathaltern die Frage auf, ob man am Sabbat kochen darf? Oder bedeutet der Text: »Was ihr backen wollt, das backt, und was ihr kochen wollt, das kocht« (2. Mose 16,23), immer noch, dass alles am Sabbat vorgekocht werden muss? Auch im Zeitalter von Elektro- und Gasherd? Damals ließ Gott jeden Morgen den Israeliten in der Wüste Manna vom Himmel regnen, nur am Sabbat nicht. Daher sollten sie am Freitag alles vorkochen und vorbacken, was sie am Sabbat an Manna essen wollten.

Kein Feuer am Sabbat

»Sechs Tage soll gearbeitet werden, aber der siebte Tag soll euch heilig sein, dass ihr die Sabbatruhe des HERRN feiert. Wer da Arbeit verrichtet, der soll sterben. Am Sabbattag sollt ihr kein Feuer anzünden in allen euren Wohnungen!« (2. Mose 35,3) Das Ganze war also eine todernste Angelegenheit.

Heute legen einige jüdische Sabbathalter den Text so aus, dass sie nicht einmal einen Stromschalter betätigen oder einen Gasherd entzünden würden, da beides in ihren Augen unter Feueranzünden fällt, auch wenn damit keine körperliche Arbeit mehr verbunden ist.

Beispiel Ähren ausraufen

So weit scheinen adventistische Sabbathalter nicht zu gehen, weil sie bei Jesus erkennen, dass er das allzu wörtliche Verständnis der Pharisäer in puncto Sabbatheiligung verurteilte. Als seine Jünger am Sabbat Ähren ausrauften, um ihren Hunger zu stillen, sah er darin keine Ernte- und Drescharbeit wie die Pharisäer. Daher scheuen Siebenten-Tags-Adventisten sich nicht, am Sabbat ihren Herd einzuschalten, um eine warme Speise zu sich zu nehmen.

Siedepunkt oder Arbeitsaufwand?

Während die einen jedoch sehr darum bemüht sind, dass die Speisen nicht zu kochen anfangen, weil sie das Kochverbot am Siedepunkt festmachen, legen andere den Schwerpunkt eher auf den Arbeitsaufwand und schütten beispielsweise Nudeln in siedendes Wasser, weil sie damit keine Arbeit verbinden.

Pharisäische Traditionen

Ellen White schreibt: »Ein Jude durfte am Sabbat kein Feuer machen, nicht einmal eine Kerze anzünden. Die Ansichten des Volks waren so eng, dass sie Sklaven ihrer eigenen sinnlosen Bestimmungen geworden waren. Folglich waren sie davon abhängig, dass die Heiden ihnen viele Dienste erwiesen, die sie gemäß eigener Regeln nicht selbst tun durften.« (Spirit of Prophecy 2, 160)

Eine Frage des Klimas

»Während der Wüstenwanderung war Feuermachen am Sabbat streng verboten. Dieses Verbot sollte im Land Kanaan nicht bestehen bleiben, wo das strenge Klima oft Feuer nötig machte; doch in der Wüste, brauchte man kein Feuer, um sich zu wärmen.« (Patriarchs and Prophets, 408; vgl. Patriarchen und Propheten, 390. Der entscheidende Satz fehlt in der deutschen Übersetzung.)

Gesundheitliches Wohlbefinden

»Die Kranken und Leidenden brauchen am Sabbat genauso Fürsorge und Aufmerksamkeit wie an den anderen sechs Wochentagen. Es mag für ihr Wohlbefinden notwendig sein, warme Speisen und Getränke am Sabbat zuzubereiten. In solchen Fällen ist es kein Verstoß gegen das vierte Gebot, es ihnen so angenehm wie möglich zu machen. Der große Gesetzgeber ist ein Gott des Mitgefühls und der Gerechtigkeit.« (Spirit of Prophecy 1, 226)

»Wenn wir den Segen des HERRN genießen wollen, ist der Sabbattag heilig zu halten. Alles Kochen sollte am Freitag geschehen. Auf dem Campingplatz, sollte an kühlen Morgen, heißes Wasser oder heißer Haferbrei serviert werden. Im Winter wird das vorgekochte Essen aufgewärmt. Bei warmer Witterung ist dies unnötig. Die göttliche Barmherzigkeit hat angewiesen, dass wir uns um Kranke und Leidende kümmern. Die dafür nötigen Tätigkeiten gehören zur notwendigen Arbeit und verstoßen nicht gegen den Sabbat.« (Signs of the Times, 25. Mai 1882)

So viel wie möglich vorbereiten

Es geht also nicht um den Siedepunkt, sondern darum, am Rüsttag alles vorbereitend zu tun, was möglich ist, damit der Sabbat unbeschwert gefeiert werden kann.

Durch die moderne Technik hat sich jedoch so manches verändert und wir geraten nicht zu Unrecht in ein pharisäisches Licht, wenn wir an Traditionen festhalten, die inzwischen ihren Sinn verloren haben. Wer heute Nudeln am Sabbat »kocht«, hat wahrscheinlich sogar weniger Arbeit, als wer das Aufwärmen einer Linsensuppe »überwacht« (möglicherweise unter ständigem Rühren).

Dennoch schreibt Ellen White gleich zwei Artikel über das Kochen am Sabbat, in denen sie darauf hinweist, dass man diese Frage nicht auf die leichte Schulter nehmen kann. Hier einige Auszüge:

Die geistliche Speise ist wichtiger

»›Wenn du am Sabbat deinen Fuß zurückhältst, dass du nicht an meinem heiligen Tag das tust, was dir gefällt; wenn du den Sabbat deine Lust nennst und den heiligen Tag des HERRN ehrenwert; wenn du ihn ehrst, so dass du nicht deine Gänge erledigst und nicht dein Geschäft treibst, noch nichtige Worte redest; dann wirst du an dem HERRN deine Lust haben; und ich will dich über die Höhen des Landes führen und dich speisen mit dem Erbe deines Vaters Jakob! Ja, der Mund des HERRN hat es verheißen.‹ (Jesaja 58,13-14) Es ist weitaus wichtiger für alle, die den Namen Jesu Christi bekennen, zu verstehen, was diese Bibelverse bedeuten, als sich den Kopf darüber zu zerbrechen, was sie am Sabbat kochen und auf den Tisch bringen sollen. Viel bedeutender ist unsere geistliche Nahrung.« (Review and Herald, 1. Juni 1897)

Gottes Wort ernst nehmen

»Redet nicht leichtfertig von den Einschränkungen, die Israel am Sinai beim Mannakochen auferlegt wurden. Der HERR hat seinen Sabbat mit Schranken versehen, damit er äußerst sorgfältig und ehrfürchtig gehalten wird. Wenn der HERR sagt: ›Morgen ist eine Ruhe, ein heiliger Sabbat des HERRN! Was ihr backen wollt, das backt, und was ihr kochen wollt, das kocht‹ (2. Mose 16,23), dann wollte er den Freitag zu unserem Rüsttag machen, an dem wir unsere komplette Kocharbeit abschließen sollten

Kein Sabbatschmaus

»Der Sabbat ist kein Tag, an dem Leckereien bereitet oder gekocht werden sollten. Wenn es wirklich Bohnen geben soll am Sabbat, dann kocht sie am Freitag und haltet sie im Ofen warm. Sie müssen nicht unbedingt kalt gegessen werden. Äußert euch aber nicht so dazu, als wäre es egal, ob wir uns an Gottes besondere Sabbatbestimmungen halten. Für mich ist es keine Frage, was wir am Sabbat essen sollen. Die Speise, die wir am Rüsttag vorbereitet haben, kann warm serviert werden, vor allem bei kalter Witterung. Auf Reisen isst man oft tagelang ein kaltes Mittagessen, ohne dass es einem unpassend oder schädlich erscheint. Wir wollen jeden Wochentag schmackhaftes, gesundes Essen; aber am Sabbat soll auch unsere Köchin ihren Ruhetag haben, anstatt für die Familie zu kochen. Trefft alle Vorbereitungen am Freitag. Betrachtet den Sabbat also nicht als Tag, an dem es besondere Köstlichkeiten zu essen gibt. Erzieht eure Kinder und eure ganze Familie dazu, schlichtes und einfaches Essen zu genießen und bereit zu sein, den Segen zu empfangen, den der Herr des Sabbats allen geben möchte, die dafür offen sind. Er hält diesen Segen für alle bereit, die ihre Liebe darin zeigen, dass sie den Sabbat, Gottes Schöpfungsgedenktag, heilig halten.« (Review und Herald, 8. Juni 1897)

Worum es eigentlich geht

Es geht also weder um den Siedepunkt noch um die Verwendung von Strom oder Feuer, sondern um das Gleichgewicht zwischen Arbeitsvermeidung und Gesundheit. Von diesem Gesichtspunkt aus ist sogar das Aufwärmen von Speisen im Sommer gegen Gottes Gebot, wenn es mehr Arbeit macht, als vorbereitete kalte Speisen zu essen. Denn es ist völlig unnötig.

Wie weit geht meine Verantwortung?

Es besteht auch ein Unterschied, ob ich selbst am Sabbat unnötig Feuer mache, Speisen koche und aufwärme und somit gegen den Sabbat verstoße oder ob ich Speisen esse, die ein anderer unnötig am Sabbat gekocht oder aufgewärmt hat.

Zahlreiche Produkte, die wir kaufen und essen, sind am Sabbat von Nicht-Sabbathaltern verarbeitet oder transportiert worden, die damit gegen das Gebot verstoßen haben: »Hütet euch … und tragt keine Last am Sabbattag aus euren Häusern und tut keine Arbeit, sondern heiligt den Sabbattag.« (Jeremia 17,27)

Wir müssten uns aus dieser Welt völlig ausklinken, wenn wir die Geschenke unserer Mitmenschen nicht annehmen, ihre Waren nicht kaufen wollten, nur weil diese im Zusammenhang mit ihrer Herstellung wissentlich oder unwissentlich gesündigt haben. Gott »lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.« (Matthäus 5,45)

Der barmherzige Gott, ein Drogenboss?

Wir müssten Gott unterstellen, dass er die Bosheit damit fördert und sich mitschuldig macht, an den bösen Taten der Gottlosen. Denn er hält sie ja durch Sonne und Regen am Leben. Er lässt Opium, Coca, Tabak, Tee, Kaffee, Kakao durch Sonne und Regen wachsen und gedeihen und »schenkt« gute Ernten. Ist er deshalb für die vielen Drogentoten und Krebskranken verantwortlich?

Sabbatspeisen, die andere zubereitet haben

In ähnlicher Weise kann ich als Adventist am Sabbat die Speise eines Nicht-Adventisten (oder auch eines Adventisten, der in diesem Punkt noch nicht die richtige Erkenntnis hat) annehmen, ohne mich zu versündigen, auch wenn sie unnötigerweise gekocht oder aufgewärmt wurde. Ich zeige durch meine Dankbarkeit und Toleranz, dass ich es meinem Nächsten mit meinem Glauben nicht unnötig schwer mache. Er soll nicht den Eindruck haben, beim Umgang mit mir bewege er sich über ein Minenfeld und werde mit demselben Maßstab gemessen, den ich an mich anlege.

Jesus und die Samariter

Jesus zeigte im Umgang mit den Samaritern ähnliche Toleranz: »Obwohl er ein Jude war, mischte er sich ungezwungen unter die Samariter und schlug die pharisäischen Gepflogenheiten seines Volkes in den Wind. Trotz ihrer Vorurteile akzeptierte er die Gastfreundschaft der verachteten Samariter. Er schlief unter ihrem Dach, aß mit ihnen an ihren Tischen – und zwar die Speisen, die sie mit ihren Händen bereiteten und servierten – lehrte in ihren Straßen und behandelte sie mit äußerster Freundlichkeit und Höflichkeit.« (Desire of Ages, 193; vgl. Leben Jesu, 176)

Erforsche mein Herz!

Beim Nachdenken über dieses Thema werden die meisten von uns spüren, dass wir durch unsere Leichtfertig- und Lieblosigkeit Gott entehrt haben. Wir können uns auf den Sabbat noch besser vorbereiten, um eine noch innigere Begegnung mit dem HERRN und untereinander zu haben. Wir brauchen nicht unbedingt warme Speisen, um uns wohl zu fühlen. Auch können wir unseren Geschwistern gegenüber noch barmherziger sein, indem wir sie nicht mit demselben Maßstab messen, den wir an uns anlegen, sondern Raum zum freiwilligen Wachstum in der Erkenntnis geben.

Zum Schluss noch ein paar allgemeine Zitate zur Sabbatheiligung:

Leid lindern

»Jesus sagte ihnen, dass Arbeit, die darin besteht, Leid zu lindern, im Einklang mit dem Sabbatgebot ist.« (Desire of Ages, 206; vgl. Leben Jesu, 191)

»Gott könnte keinen Augenblick lang seine Hand erstarren lassen, ohne dass der Mensch zusammenbricht und stirbt. So hat auch der Mensch an diesem Tag [dem Sabbat] eine Arbeit zu tun. Um die Notwendigkeiten des Lebens muss sich gesorgt, die Kranken müssen gepflegt, die Nöte der Bedürftigen gestillt werden. Wer am Sabbat kein Leid lindert, lädt Schuld auf sich. Gottes heiliger Ruhetag wurde für den Menschen gemacht. Taten der Barmherzigkeit sind völlig im Einklang mit seiner Bestimmung. Gott möchte nicht, dass seine Geschöpfe auch nur eine Stunde Schmerz leiden, der am Sabbat oder an einem anderen Tag gelindert werden könnte …

Gutes tun

»Gott wartet nicht, bis der Sabbat vorbei ist, um die Gebete seiner Kinder zu erhören. Der Himmel hört nie auf zu arbeiten. Deshalb sollte auch der Mensch nie aufhören, Gutes zu tun. Der Sabbat ist nicht als Zeit nutzloser Untätigkeit gedacht. Das Gesetz verbietet weltliche Arbeit am Ruhetag des HERRN. Die Mühe, mit der wir unseren Lebensunterhalt verdienen, muss aufhören; keine Arbeit für irdische Freuden oder irdischen Gewinn ist an diesem Tag erlaubt. So wie Gott seine schöpferische Arbeit niedergelegt und am Sabbat geruht und ihn gesegnet hat, soll der Mensch seine alltägliche Beschäftigung verlassen und diese heiligen Stunden heilsamer Ruhe, Anbetung und heiligen Taten widmen. Jesu Arbeit, die in der Heilung Kranker bestand, war völlig im Einklang mit dem Gesetz. Er ehrte damit den Sabbat.« (Desire of Ages, 207; vgl. Leben Jesu, 192)

Gott dienen

»Die Priester im Tempel arbeiteten am Sabbat mehr als an anderen Tagen. Dieselbe Arbeit in der weltlichen Geschäftswelt wäre Sünde gewesen. Doch die Arbeit der Priester geschah im Dienst für Gott. Sie führten die Riten durch, die auf die erlösende Macht Jesu hinwiesen und ihre Arbeit war im Einklang mit dem Ziel des Sabbats. Doch jetzt war Jesus selbst gekommen. Die Jünger standen durch ihre Teilnahme am Werk Jesu in Gottes Dienst. Was für die Erfüllung dieses Werkes nötig war, durfte auch am Sabbat getan werden. Jesus lehrte seine Jünger und seine Feinde, dass der Dienst für Gott an erster Stelle kommt. Das Ziel von Gottes Werk in dieser Welt ist die Erlösung des Menschen. Daher ist alles, was getan werden muss, um dieses Werk zu vollbringen, im Einklang mit dem Sabbatgebot. Jesus krönte sein Argument, indem er sich als ›Herr des Sabbats‹ bezeichnete.« (Desire of Ages, 285; vgl. Leben Jesu, 273)

Zuerst erschienen in Versöhnungstag, Januar 2013

Quelle: hoffnung-weltweit

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