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Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder. Von Shayla Neblett
»Kuckuck! Kuckuck!«, ducke ich mich unter den Küchenstuhl. Dann springe ich wieder hervor, während mein kleiner 8 Monate alter Sohn zuschaut. Er liebt dieses Spiel. Wenn ich mich ducke, reckt er suchend den Kopf; und wenn ich wieder auftauche, überzieht ein breites Grinsen sein pausbäckiges Gesicht.
Ich gehe in die Küche, um Wasser zu holen. Wesley watschelt dicht hinter mir her in seinem knallbunten Gängelwagen. Ich gehe zurück ins Wohnzimmer, Wesley ist mir wieder auf den Fersen. Ich gebe ihm ein Spielzeug, um ihn abzulenken, damit ich etwas kochen kann. Zurück in die Küche! Wesley spielt im Wohnzimmer, nur etwa sechs Meter entfernt. Er ist ganz versunken in sein Spiel. Ich hole eine Schüssel heraus. »Genial, er ist abgelenkt. Das sieht gut aus.«
Wenige Augenblicke später schaut er hinter sich und erwartet, dass ich noch auf der Couch sitze, aber ich bin nicht da. Verzweifelt schaut er sich um, macht einen dicken Schmollmund, als würde er gleich in Tränen ausbrechen. Ich rufe seinen Namen und sage ihm im fröhlichsten Tonfall, den ich mir abringen kann: »Die Mami ist ja da!« Er soll wissen, dass alles in Ordnung ist, er sich entspannen und fröhlich weiterspielen kann, während ich versuche, ein Mittagessen auf den Tisch zu bringen. Aber es funktioniert nicht. Er kommt in seinem Gängelwagen um die Kücheninsel herum und kracht in den Schrank neben mir. Ich gebe ihm eine knallgelbe Schaufel, versuche, ihn wieder abzulenken; aber er weiß genau, was er will. Er lässt die Schaufel auf den harten Holzboden fallen und streckt verzweifelt die Händchen hoch, weil er auf auf den Arm will. Ich seufze.
»Es ist so viel zu tun«, denke ich. »Kann er nicht einfach eine Weile zufrieden sein und sich selbst beschäftigen?« Ich bücke mich und nehme mein Kind auf den Arm. Dort fängt er sofort an, fröhlich zu plappern und zu sabbern. Dann steckt er mir die Finger in den Mund. Ich lasse mein Essen in der Schüssel, das Geschirr in der Spüle und setze mich auf die Couch, meinen Sohn auf dem Arm.
Ich denke über das gerade Erlebte nach – mein Kind wünschte sich so sehr, bei mir zu sein, und fand keine Freude, wenn ich nicht in seiner unmittelbaren Nähe war. Sofort berührte mich der Vergleich zu Gott, unserem Vater, und uns, seinen Kindern. Ich fragte mich: »Brauche ich Gott so sehr, wie mein Kind mich braucht? Finde ich meine größte Freude darin, in Gottes Gegenwart zu sein, so wie mein Sohn in der Gegenwart seiner Mutter? Versuche ich ernsthaft, jeden Augenblick des Tages bei Jesus zu sein?«
Als ich über diese Fragen nachdachte – mein glücklicher Junge spielte inzwischen auf meinem Schoß –, wurde mir klar, dass ich genau wie mein Sohn sein will. Ich entschied mich, genauso bedürftig nach Jesus sein zu wollen, wie mein Sohn nach seiner Mutter.
Dies war kein einmaliges Szenario, sondern kommt eher häufig vor. Doch jetzt habe ich eine andere Einstellung. Statt zu seufzen und zu denken: »Kannst du nicht einfach mal allein spielen, damit Mama für eine Weile ihre eigenen Sachen machen kann«, bin ich entschlossen, ihm die immense Freude zu gönnen, die er am Zusammensein mit seiner Mami findet, auch wenn meine To-do-Liste meilenlang sein sollte. Ich werde mit meinem Sohn fröhlich spielen und ihn beschäftigen, auch wenn das bedeutet, dass es Mittagessen aus der Tiefkühltruhe gibt, der Hausputz auf später verschoben oder die Wäsche an einem anderen Tag gewaschen wird.
Ich denke an die Geschichte von Jesus und den Kindern, die er (gegen den Rat der Jünger) zu sich rief, obwohl er wahrscheinlich wirklich keine Zeit hatte. Die Bibel sagt, dass Jesus voller Mitgefühl ist (Psalm 116,5), und ich wünsche mir, dass ich dasselbe Mitgefühl mit meinem Kind habe, auch im ungünstigsten Moment.
Das Muttersein hat mir ein viel schöneres Bild von der unendlichen Liebe des himmlischen Vaters vermittelt. Ich bin nun weitaus entschlossener, wie er zu sein. Auch will ich wie mein Sohn meinen glücklichsten Platz in seiner Gegenwart finden.
»Du tust mir kund den Weg zum Leben: Vor dir ist Freude die Fülle und Wonne zu deiner Rechten ewiglich.« (Psalm 16,11)
Life Worth Living, 22. Februar 2020